Worüber schreibst du am liebsten?
Jeder meiner Texte hat einen persönlichen Auslöser. Deshalb schreibe ich viel über Zwischenmenschliches aber auch politische und gesellschaftliche Themen, die mich gerade beschäftigen. Von der großen und lauten Anklage hin zu den leisen Zwischentönen, die oft unausgesprochen bleiben, ist alles dabei.
Wie geht es dir in der Krise?
Wenn ich nicht auf der Bühne stehe, studiere ich Sprechwissenschaft und bin auch nebenberuflich im wissenschaftlichen Bereich tätig. Aktuell sitze ich an meiner Masterarbeit und konnte die unfreiwillige Bühnenpause dafür nutzen. Daher sollte man meinen, dass mich die Krise nicht ganz so hart getroffen hat. Aber das Auftreten und Unterwegssein ist mein Ausgleich zu meiner wissenschaftlichen Arbeit und eine Energiequelle, die nun immer wieder fehlt. Am meisten drückt allerdings die Ungewissheit, wie lange die Kulturszene noch eingeschränkt sein wird und was das mit sich bringen wird. Da wir die ersten waren, die von den Einschränkungen betroffen waren und wahrscheinlich am längsten eingeschränkt sein werden, waren viele Kolleg*innen und auch ich gezwungen, sich zumindest teilweise umzuorientieren und sich andere Standbeine aufzubauen, um sich zu finanzieren. Das verändert natürlich nachhaltig etwas an den Kapazitäten, die wir für künstlerische Tätigkeiten aufbringen können. Nichtsdestotrotz bin ich dankbar für das große Engagement und all die kreativen Ansätze in der Poetry Slam Szene, dieser besonderen Situation zu begegnen.
Was stellst du dir für die Zukunft vor?
Was meine persönliche Zukunft angeht, möchte ich an meinen Masterabschluss eine Promotion anschließen und mich nebenher weiter als Trainierin und Beraterin für sprechwissenschaftliche und sprechkünstlerische Kontexte etablieren und natürlich weiter auf der Bühne stehen. Was die aktuelle gesellschaftliche und politische Situation angeht, denke ich, dass durch die Pandemie vielleicht an einigen Stellen Problematiken offengelegt wurden, die nun hoffentlich angegangen werden können. Auch strukturelle Missstände wie Rassismus und Sexismus haben einen Weg in einen breiteren gesellschaftlichen Diskurs gefunden und ich hoffe wirklich, dass wir auf politischer aber auch auf zwischenmenschlicher Ebene daran arbeiten können, Privilegien abzubauen und Gleichberechtigung größer zu schreiben.
Hast du Angst vor dem Tod?
Ja, ich glaube ich habe Angst vor dem Tod, aber diese gilt eher dem Verlust, den man als Angehörige zu verarbeiten hat. Tatsächlich bin ich in den letzten Jahren öfter mit dem Thema in Kontakt gekommen, mehrmals auch sehr unerwartet. Für manches finde ich bis heute keine Worte, aber oft hat mir das Schreiben geholfen, meinen Frieden mit der Situation zu machen.
Inke Sommerlang ist ab dem 15. November um 20:45 Uhr auf unserem YouTube-Kanal. Folgt uns auch auf Facebook, um nichts zu verpassen.