FUNUS Stiftung

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10. Symposium der FUNUS Stiftung

„Was bleibt? Zum verantwortungsvollen Umgang mit Verstorbenen“ – 10. Symposium der FUNUS Stiftung


Verantwortung, Pietät, Menschenwürde - diese Stichworte zogen sich durch die sechs Vorträge beim diesjährigen Symposium der FUNUS Stiftung am 12. Mai, jeweils mit anschließender Diskussion.

Nach zwei Jahren Corona-Pause konnten sich die rund fünfzig Teilnehmenden aus Deutschland und der Schweiz wieder persönlich im Zentrum für Endlichkeitskultur in Kabelsketal in Sachsen-Anhalt treffen.

Uwe Brinkmann aus Essen referierte über seine Erfahrungen bei der Beräumung von Gräbern. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der Friedhofsverwalter Deutschlands e.V. Je nach Bodenbeschaffenheit reichen in der Regel zwanzig bis dreißig Jahre für eine weitgehende Verwesung von Sarg und Leichnam nach einer Erdbestattung - vorausgesetzt, bei der Bestattung sind alle ihrer Verantwortung gerecht geworden. Brinkmann berichtete von Beispielen, wo das nicht so war: Teichfolien im Grab, Müll im Sarg oder auch Kunststoffkleidung, die den Verwesungsprozess behinderte. Er wies auch auf die Bedeutung der Grabtiefe hin und plädierte eher für weniger tiefe Gräber.

Was passiert, wenn die Verwesung nicht funktioniert und so genannte „Wachsleichen“ übrig bleiben, beleuchtete aus juristischer Sicht Prof. Tade Spranger aus Bonn. Oft liegt der Grund in der Verantwortung der Friedhofsträger - etwa wenn der Boden zu feucht ist oder wenn Maschinen ihn verdichten. Sind diese Probleme bekannt, können sie vielerlei juristische Folgen nach sich ziehen: von der Rechtmäßigkeit der erhobenen Gebühren bis zur Verletzung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Nicht zuletzt verwies Professor Spranger auf mögliche Image-Schäden und Skandale.

Der ökologische Wert verschiedener Bestattungsformen war das Thema von Frederike Dirks, Kulturwissenschaftlerin und wissenschaftliche Hilfskraft bei der Stiftung Deutsche Bestattungskultur. Bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit fallen Kriterien wie Energieeinsatz, Emissionen und Giftstoffe sowie Flächenverbrauch ins Gewicht. Das betrifft die Form der Bestattung und auch eingesetzte Materialien; außerdem zählte Dirks Transporte und Reisewege dazu.

Sie stellte auch das Verfahren der „Resomation“ vor, bei dem der Leichnam sich in heißer Lauge auflöst und das als besonders ressourcenschonend gilt.

Als erstes deutsches Bundesland hat Schleswig-Holstein Anfang 2022 auch die „Re-erdigung“ zugelassen: Dabei wird der Körper zusammen mit Naturmaterialien in einen Edelstahlbehälter gelegt. Die körpereigenen Mikroben sorgen dann für eine Kompostierung innerhalb von vierzig Tagen.

Angesichts von 900.000 Sterbefällen pro Jahr in Deutschland sei das Thema „Nachhaltigkeit bei Bestattungen“ ökologisch durchaus relevant, meinte Frederike Dirks.

Diese Sichtweise relativierte der nachfolgende Referent, der emeritierte Philosophie-Professor Dieter Birnbacher. Sein Forschungsschwerpunkt lag und liegt auf ethischen Fragen am Lebensende. Den konsequenten Einsatz für Nachhaltigkeit und Klimaschutz findet er richtig und sinnvoll - dabei fielen jedoch andere Handlungsfelder wie etwa der Verkehr vielfach stärker ins Gewicht als gerade das Bestattungswesen!

Über Gegenwart und Zukunft der Friedhöfe sprach Diplomtheologe Jakob Kühn. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Rostock war er an einer Studie im Auftrag der evangelisch-lutherischen Nordkirche zur Zukunftsfähigkeit kirchlicher Friedhöfe beteiligt. Viele stünden vor erheblichen, manchmal existenzbedrohenden Problemen; so kämen manche in ländlichen Regionen kaum auf eine Bestattung pro Jahr. Dabei könnten Friedhöfe auch zur Lebensqualität beitragen, besonders in dicht besiedelten Städten. Viele seien allerdings im Internet kaum auffindbar. Um Bekanntheit und Kundenorientierung müssten sie sich also bemühen, und auch um Einbettung ins Gemeinwesen, etwa mit Führungen und Veranstaltungen.

Um Grabsteine aus Kinderarbeit ging es im letzten Vortrag, noch einmal mit Professor Tade Spranger und mit seiner studentischen Mitarbeiterin Charlotte Noack.

Ein Großteil der Grabsteine und -einfassungen auf deutschen Friedhöfen kommt aus Entwicklungsländern, häufig aus Indien. In den Steinbrüchen und beim Transport arbeiten oft Kinder - mit erheblichen gesundheitlichen und sozialen Folgen. Das ist international geächtet - doch wie wird die Umsetzung sichergestellt?

Hierzu hat die FUNUS Stiftung zusammen mit der Universität Bonn ein Projekt initiiert, das die bestehende Gesetzeslage in allen Bundesländern untersucht, mögliche Verbesserungsvorschläge unterbreitet und die praktische Umsetzung der Regelungen begleitet. Nur Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern haben dazu Gesetze; bald könnte Sachsen-Anhalt folgen. Einige Länder haben sich noch gar nicht mit dem Thema beschäftigt - und die meisten regeln es per „Satzungsermächtigung“: die Friedhofsträger können also selbst entscheiden (oder auch nicht). Damit sind die Rechte der Kinder kaum geschützt, zumal auch unklar ist, wer Betriebe zertifizieren kann und darf. Auch großzügige Regelungen zu Altbeständen weichen den Schutz auf.

Das Problem besteht allerdings nicht nur bei Grabsteinen, sondern auch im Straßenbau usw. - es stellt sich also generell die Frage nach weltweiter Verantwortung im öffentlichen Beschaffungswesen.

Neben diesem breiten Themenspektrum war das Symposium geprägt von der Wiedersehensfreude nach zwei Jahren Pandemie-Pause sowie von der Möglichkeit zum persönlichen Austausch in höchst lebendigem Ambiente an einem sonnigen Tag im Mai!

Friederike Ursprung