FUNUS Stiftung

Stufen | Michael Göbel

Stufen I-IV (aus der Serie der „Gedankengebäude“), 2016
4-teilig, Lack auf Holzwerkstoffen, je 55 x 40 x 130 cm

 

1. Was bedeuten die Stufen?

Wenn man Treppenhäuser (oder zumindest Ausschnitte davon) sieht, bringt einen der eher beschreibenden Titel „Stufen“ nicht viel weiter. Allerdings stößt man bei Wikipedia wenn ich „Stufe“ eingebe, nach der naheliegenden „Treppenstufe“, etwas weiter unten auf „Jahrgangs-“ oder „Evolutionsstufe“.
Stufen, als der eher anstrengende Weg auf die nächste Ebene oder, wie im Fall einer Wendeltreppe, als Vorankommen durch immerwährendes Drehen um sich selbst. Auch ein Synonym für künstlerisches Arbeiten.

 

2. Wie sind sie gemacht?

Die Arbeiten sind als Kuben angelegt, die wie schlichte Museumssockel aussehen. Sie sind, wie die meisten solcher Sockel, ebenfalls aus Holzplattenmaterial gefertigt. Ich habe vor dem zusammensetzen der „äußeren Hülle“ die eigentlichen Treppen aus verschiedenen Materialien gefertigt, in die Blöcke eingepasst und dann die Einblicke in die Platten geschnitten. Die Innenräume der Skulpturen sind maßstabsgetreue (1:8) und möglichst detailreiche Nachbildungen von Treppen(-häusern), die ich aus verschiedenen realen Aufgängen und Stufen in vier prototypische Treppensituationen für die Arbeit zusammengefügt habe. Wie fast alle meine Skulpturen sind die Arbeiten komplett einfarbig lackiert.

 

3. Was war dein Motiv beim Erstellen und wie wird die Arbeit wahrgenommen?

Ich sehe meine Arbeit als philosophische Forschung mit künstlerischen Mitteln, und lege die einzelnen Werke als Portraits an. Wenn auch keine Menschen zu erkennen sind, so werden immer gesellschaftliche Situationen, menschliche Entscheidungen oder Empfindungen nachgezeichnet. Bei den „Stufen“-Arbeiten bin ich vom menschlichen Streben nach Erkenntnis oder Erfolg ausgegangen. Einerseits interessierte mich das Motiv der Vertiefung und das Vordringen bis zum Kern und andererseits der „Aufstieg“, der auf die nächste (Erkenntnis-)Stufe oder aus dem Dunkel ins Licht führt.
Das „sich verlieren“ im Ungewissen, das Kreisen um die Sache, oder die Abgründe, die sich am Rand auftun können, ließen mich mit den Kuben so etwas wie „scharf aus der Realität geschnittene“ Räume schaffen, und tatsächlich werden die Arbeiten in Ausstellungen – wohl auch durch die Farbgebung, die eine fast hermetische Abgrenzung erzeugt – häufig eher als düster wahrgenommen. Ich wurde vereinzelt auch schon mit Assoziationen von geheimnisvollen Türmen oder grausamen Kellerverliesen konfrontiert, aber meist überwiegt die Neugier „wohin“, oder „wie weit“ es da noch runter ginge, und was man, einmal oben angekommen, denn da machen solle. Für mich sind das Fragen, die ich in meiner künstlerischen Praxis immer wieder verhandele. Beantworten können sie allerdings nur die Betrachterinnen und Betrachter selbst.

 

4. Welche Rolle spielen negative Gefühle in der Arbeit als Künstler?

Kreative Arbeit, wie ich sie verstehe, fokussiert häufig Probleme und arbeitet mit Extrempunkten um Dinge zu verdeutlichen, was bei den Betrachterinnen und Betrachtern schnell als negativ empfunden wird.
„Destruction is not negative, you must destroy to build“ steht auf der Coverrückseite der zweiten LP der Einstürzenden Neubauten von 1983. Der landläufig negative Akt der Zerstörung, oder auch nur negative Gefühle und Gedanken, können auch als Aufbruch, hier wörtlich für etwas aufbrechen, verstanden werden.
Meine eigene Arbeit besteht meist aus längeren, eher von Recherche geprägten Phasen, in denen ich Phänomene von möglichst vielen Seiten beleuchte, bevor im Atelier im besten Fall eine künstlerische Arbeit daraus wird. Ob der ursprüngliche Ansatz etwas eher negatives war, über das ich mich vielleicht aufgeregt hatte, ob es obskur war, oder einfach nur eine auffällige Häufung, verliert sich dabei meist im Laufe der Zeit, und die Sache wird eher zu etwas wie einem Forschungsgegenstand.

 

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