7. Symposium der FUNUS Stiftung regt offene Diskussion über den Tod an
Ein Beitrag von Filip Lachmann
„Wie stirbt es sich in Deutschland?“ unter dieser zentralen Frage organisierte die FUNUS Stiftung bereits zum siebten Mal ein Symposium zur Bestattungskultur. Im Fokus der Fachtagung, zu der sich im Hallenser Salinemuseum zahlreiche Branchenvertreter und Wissenschaftler versammelten, stand der gesellschaftliche Umgang mit dem Tod. In bewährter Tradition trugen die Referenten erneut dazu bei, das düstere Thema etwas bunter zu machen.
Den Einstieg in die facettenreiche Thematik ebnete Prof. Dr. Dr. Tade Spranger mit einem Exkurs in das weite Feld der Sterbevorsorge. Auf anschauliche Weise brachte der Jurist Licht in den vorherrschenden, zumeist unüberschaubaren Formular- und Gesetztes-Dschungel. So bieten Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und die Bestattungsvorsorge sowohl für Personen, die sich im Hinblick auf das eigene Ableben bzw. das von Angehörigen damit beschäftigen, als auch für Friedhofsverwaltungen zahlreiche rechtliche Fallstricke. Beispielsweise kommt es bei der Umsetzung des letzten Willens häufig zu Problemen der Nachweisbarkeit, da dessen Verfassung keinerlei Formzwang unterliegt und im Zweifel lediglich mündlich überliefert wurde. Gleichwohl können Friedhofsverwaltungen den Wunsch nach einer speziellen Grabgestaltung nicht ohne weiteres verwehren, auch wenn diese der jeweiligen Satzung widerspricht. Denn oftmals würden die Satzungen einer juristischen Prüfung nicht standhalten können.
Für Gänsehautmomente unter den Teilnehmern sorgte Volker Uhl mit Erfahrungsberichten aus dem Polizeialltag. Der Kriminalbeamte aus Baden-Württemberg rief den Verein Polizei-Poeten ins Leben. Dieser bietet Polizisten die Möglichkeit, ihre beruflichen Erfahrungen mit dem Tod auf literarische Weise zu bewältigen. Denn trotz der psychologischen Unterstützung, die den Beamten mittlerweile geboten wird, fällt es nach wie vor vielen Polizisten schwer, offen über ihre Erlebnisse mit dem Tod zu berichten. Bei den Polizei-Poeten können sie sich jedoch anonym ihre Sorgen, Ängste und Probleme im wahrsten Sinn des Wortes von der Seele schreiben. Mehr als 200 Kollegen hätten, laut Uhl, davon bereits Gebrauch gemacht. Die zumeist sehr berührenden Beiträge erscheinen auf der Website des Vereins (www.polizei-poeten.de). Ausgewählte Berichte Uhls sowie weiterer Beamter wurden zudem in verschiedenen Sammelbänden veröffentlicht.
Ähnlich berührend berichtete Dr. Ruthmarijke Smeding über ihre Erfahrungen mit der Trauerbegleitung in Deutschland. Die Niederländerin ist eine der weltweit bekanntesten Forscherinnen auf diesem Gebiet. In Deutschland erforscht sie seit Anfang der 1990er Jahre, wie sich die Trauerbegleitung in der Praxis wandelte. Lag der Fokus im Bestattungswesen früher vor allem auf der Form der Beisetzung des Verstorbenen, so orientiert es sich heute vorrangig an den Bedürfnissen der Angehörigen. Beispielhaft dafür stehen die Aufbahrungsräume in Bestattungshäusern, die sich innerhalb der vergangenen 20 Jahre zu einem Standard in der Branche entwickelt haben. Elementarer Bestandteil in der Trauerbewältigung ist für Smeding, den Hinterbliebenen eine Möglichkeit zu geben, den Verstorbenen eindeutig identifizieren zu können. Denn die Bilder, die sonst in den Köpfen der Angehörigen entstehen, seien in der Regel schlimmer als die Wirklichkeit.
In dem gemeinsamen Forschungsprojekt „30 Gedanken zum Tod“ gingen die Universität Witten/Herdecke und das Universitätsklinikum der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ab 2012 der Frage nach: Was ist der Tod? Welche Erkenntnisse dabei gewonnen wurden, berichtete Projektleiter Prof. Dr. Martin Schnell. So bestand das übergeordnete Ziel der Wissenschaftler darin, eine demokratische Auseinandersetzung über den Tod in Gang zu bringen. Dazu wurden in einem ersten Schritt 30 junge Menschen mit Sterbenden und deren Angehörigen zusammengebracht. Im zweiten Schritt wurden 30 erwachsene Personen interviewt, in deren Berufs- bzw. Lebensalltag der Tod auf unterschiedliche Weise ein fester Bestandteil ist, darunter Historiker, Theologen, Ärzte, Bestatter, sterbende Patienten. Alle Gespräche und Interviews wurden gefilmt und sind bis heute im Internet abruf- sowie kommentierbar. Das multimediale Konzept soll zur Enttabuisierung des Todes in unserer Gesellschaft beitragen.
Über die verschiedenen Formen der ambulanten Palliativversorgung informierte Dominik Thamm von der Ambulanten Palliativzentrum Sallkreis GmbH. So gab er Aufschluss über die drei verbreiteten Ansätze: Allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV), Ambulanter Hospizdienst (AHD) und Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Gemein ist allen Ansätzen, dass sie den betreuten Menschen die verbleibende Lebenszeit so angenehm wie möglich gestalten sowie vielseitig nutzen möchten. Gleichzeitig unterstützen und entlasten sie die Angehörigen der schwerstkranken bzw. sterbenden Patienten in Situationen die Angst und Überforderung hervorrufen. Auch auf die Möglichkeiten der stationären Palliativversorgung und die weiterführende Unterstützung der Angehörigen nach dem Tod des Patienten ging Thamm ein.
Zum Abschluss des Symposiums trat noch einmal Prof. Dr. Dr. Tade Spranger ans Rednerpult. In seinem zweiten Vortrag widmete er sich den rechtlichen Rahmenbedingungen neuer Bestattungsangebote. Im Blickpunkt stand dabei allen voran der Umgang mit der Asche Verstorbener, der in der Branche seit Jahren kontrovers diskutiert wird. Ist die Ascheausstreuung in Binnengewässern hierzulande bald erlaubt? Welche rechtlichen Gründe sprechen für den Friedhofs- und Bestattungszwang von Urnen? Inwiefern ist Ascheteilung – sprich die Nutzung eines untergeordneten Aschebestandteils für Zwecke der Totenehrung – zulässig? Dies waren nur einige Aspekte des vielschichtigen Felds, deren juristische Regelung Spranger unter die Lupe nahm.